Wenn das Baby zu früh hingesetzt wird, ...

Warum es schädlich ist, das Baby zu früh hinzusetzen

Es ist ein leidiges Thema. Nein, es ist ein nerviges Thema. Es ist ein Thema, das mich schon so nervt, dass ich es mittlerweile in meinen Kursen kaum mehr anspreche. Und das, obwohl es als Physiotherapeutin eigentliche meine Pflicht wäre, gerade weil ich wöchentlich mehrfach Zeuge werde.

Mütter bringen ihr Baby zu früh in die sitzende Position. 

Woran das liegt, weiß ich nicht direkt. Eventuell ist es die Kombination aus unterbewusstem Ehrgeiz, Ungeduld aber auch einfach aus Unwissenheit. Dabei ist nicht entscheidend, ob es nun das erste Kind ist, oder das fünfte. In meinen Kursen machen es Mehrfachmamas genauso wie Erstmamas. Junge Mamas ebenso wie ältere Mamas. 

 

Definition „freies Sitzen“

 

"Das Kind sitzt, wenn es seinen Rumpf über den Sitzbeinhöckern ausbalanciert. Beim ebenerdigen Sitzen vergrößern die gebeugten oder gestreckten Beine die Unterstützungsfläche. Beim Sitzen auf erhöhter Sitzgelegenheit hilft der Kontakt der Fußsohlen mit dem Boden dem Kind, aufrecht und im Gleichgewicht zu bleiben. Beim Kind, das gut sitzen kann, ist im allgemeinen das Becken über den Sitzbeinhöckern aufgerichtet. Auch der Kopf ruht senkrecht auf der durchgehend gestreckten Wirbelsäule, sofern er nicht der Blickrichtung des Kindes folgt. Es hat einen geraden Rücken, unabhängig davon, ob es ebenerdig oder auf einer erhöhten Sitzgelegenheit sitzt. Selbst wenn diese eine Lehne hat, lehnt es sich nicht an!“ - Emmi Pikler - 

 

„Frei Sitzen“ kann ein Kind wenn es sich selbständig, ohne Hilfe, aufsetzt und dann auch ohne jegliche Stütze sitzen bleibt. Das Kind sollte diese Position selbständig verändern können und den Kopf, den Rumpf, sowie Hände/Arme frei bewegen können, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. 

Das Kind kann NICHT sitzen, wenn es nur mit Hilfe in den Sitz kommen kann und auch nur mit Hilfe dort bleiben kann (Babystuhl, Kissen, Stillkissen, …) Es sollte ohne Hilfe diese Position verlassen können und auch wieder hinein kommen. 

Viele der Leser hier werden sich jetzt ertappt fühlen. Und ja! Das will ich auch bezwecken. Fühlt euch ertappt und ändert es am besten schon heute. Wenn ihr weiterlest, wisst ihr auch warum.

 

Ein motorisches Genie entsteht nicht ausschließlich nur durch die Gene, die unsere Eltern mitgeben, sondern eben auch durch gut verknüpfte Nervenbahnen, die in Laufe der Hirnentwicklung miteinander verknüpft werden. Verknüpfungen zwischen den Nervenbahnen gibt es bereits zahlreiche am Tag unserer Geburt. Doch nur die, die regelmäßig aktiviert werden, festigen sich auch. Werden bestimmte Bewegungen nur selten (oder gar nicht) ausgeführt, destabilisieren sich die Verknüpfungen und verkümmern irgendwann. Im Umkehrschluss lernt das Baby dann diese spezielle Bewegung nicht, oder nur unzureichend. Das hat dann im späteren Leben zur Folge, dass das Kind zum Beispiel mehr zu Verletzungen neigt, da es sich nicht so gut abrollen kann, wie andere (oder weniger weit springen kann, weniger gut Balance halten kann etc) Das ist nicht schlimm, aber es fällt auf. 

 

Lässt man das Baby aber die so wichtige Breite der Motorik alleine erkunden (ohne Stress und Beihilfe), durchläuft es eine Vielzahl an minimalen Entwicklungs- und Motorikschritten (die übrigens nicht alle für uns sichtbar sind) die aber immer aufeinander aufbauen und so den Grundstein für die nächsten motorischen Stufe sind. Das Baby lernt Neues mit Altem zu verbinden und gewinnt so immer mehr an Sicherheit. Von alleine würde ein Baby nie einen noch so kleinen Schritt auslassen- das passiert nur, wenn die Eltern in den Prozess eingreifen.  Dann werden o.g. Nervenbahnen im Gehirn nicht mehr aktiviert, so dass einer oder mehrere Zwischenschritte nicht mehr erlernt werden. 

 

Wird das Kind also zu früh hingesetzt, sind nicht nur die Muskeln und Gelenke überfordert ( - Fehlhaltungen wie Skoliosen und Kyphosen entstehen nicht selten). Das Gehirn kann auch nicht mehr nachvollziehen, wie der Körper in diese Position gekommen ist. Der Input es von selber zu machen fehlt komplett. Dem Kind fällt es zudem immens schwer, wieder aus dieser Position zu kommen- häufig fällt das Kind also einfach um (und tut sich weh). Die Reaktion aller Eltern ist es nun, das Kind mit Kissen zu schützen, was wieder ein Eingriff in die Entwicklung ist. Denn nun lernt das Baby nicht, sich selbst zu schützen und Mechanismen zu entwickeln, weniger hart aufzukommen (abrollen, Muskeln anspannen,…) Stattdessen wird der falsche Weg eingeübt und die Nervenbahnen dafür verstärkt. 

Kinder die zu früh hingesetzt wurden, bleiben oft sehr lange in dieser Position (weil sie sich nicht befreien können). Sie wirken zunächst zufriedener als andere (liegende) Babys, die nörgeln. Doch Fakt ist, dass genau dieses Nörgeln durchaus wichtig für die Entwicklung ist. In diesem Alter wird der Grundstein für Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz gelegt. Diese minimale Frustrationen sind also wichtig und helfen dem Baby sich weiterzuentwickeln. 

Das Spielzeug ist zu weit weg? Gut. Finde heraus, wie du es erreichen kannst

 

Wie ist denn dann nun die „normale Entwicklung“? Wann kann mein Kind sitzen? 

 

Anfangs liegt das Baby flach auf dem Rücken. Es beginnt sich zu bewegen und kippt immer wieder zur Seite. Erst unwillkürlich, doch irgendwann sind die Nervenbahnen vernetzt und es passiert willkürlich. In der Bauchlage wird relativ bald das Köpfchen angehoben, was das Startsignal für die Vertikale/Aufrichtung ist. Der Oberkörper wird nach und nach immer mehr abgehoben, indem das Baby sich auf den Armen abstützt. Dabei wird das Gleichgewicht immens geschult, und dadurch auch alle kleine Stützmuskeln, aber auch alle Rückenstrecker und vor allem die Arm/Schultermuskulatur. Die Babys stützen sich immer mehr nach oben, bis sie von der Bauchlage (zunächst unabsichtlich) zurück in die Rückenlage kippen. Doch auch dieses Muster eignen sie sich schnell an. Irgendwann ist dann das komplette Rollen möglich. Sind Rücken, Arm und Beinmuskeln stark genug, entwickelt sich das Robben und später das Kriechen und Krabbeln. Kurz vor dem Krabbeln entsteht dann das absichtliche in den Sitz schieben:  

 

Hat das Baby die Entwicklungsschritte bis zum Vierfüßler durchlaufen können, fängt es oft an in dieser Position vor und zurück zu wippen. Diese Bewegung werden viele Eltern an ihrem Baby erkennen. Bei diesem Wippen passiert es irgendwann, dass der Po mal zur einen, mal zur anderen Seite kippt und mal nach hinten. Dem Baby gefällt diese neue Bewegung und übt sie ein. Dabei wird es immer mutiger und schiebt den Po immer weiter  nach hinten / zur Seite. Irgendwann berührt der Po den Boden und aus dieser Position ist es dann relativ leicht sich mit den Händen in den aufrechten Sitz zu drücken. Das ist der Moment, wo das Baby sich den „freien Sitz“ erarbeitet hat. Dieses Bewegungsmuster wird eingeübt, bis die Nervenbahnen es verinnerlicht haben. 

In der Regel sind die Babys zwischen 7 und 10 Monate alt!!!!

 

Zusammenfassend:

 

Es spricht absolut nichts dafür das Kind vorzeitig in den aufrechten Sitz zu bringen. Oft ist es die eigene Ungeduld, die einen dazu bringt. Lasst eurem Sprössling die Zeit, die er braucht alle Motorik- Meilensteine alleine zu erklimmen. Auch wenn das Baby schimpft, denn auch das ist für Entwicklung wichtig. Unterstütze den Zwerg bei seiner Entwicklung, helft ihm Bewegungsabläufe zu verinnerliche, aber bringt ihn nicht passiv in eine Position  (dazu zählen auch Gehfrei, Türhopser und Bumbo Beats) Damit hilfst du dem Baby überhaupt nicht. 

 

 

Fragen? Schreibe mir eine E- Mail

 

 simone@koerper-bewusst-sein.org

 

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Kommentare: 16
  • #1

    Annette (Montag, 21 November 2016 10:05)

    Mein Sohn ist 7 Monate und ist viel im Liegestütz , bzw. Bauchlage am Spielen. Wenn er bei mir ist und ich mich mit der großen Schwester beschäftige ist er viel auf meinem Schoß. Dort Stütze und halte ich ihn natürlich. Ist das in seiner aktuellen Phase ok?

  • #2

    Annette (Montag, 21 November 2016 10:07)

    Also meine Frage bezieht sich auf das Gestützte auf dem Schoß sitzen.

  • #3

    Simone E. (Montag, 21 November 2016)

    Hallo Anette.
    Gegen den gestützten Sitz (Elternteil) spricht eigentlich generell nichts, solange es für die Zwerge selber OK ist. Sie signalisieren aber eh recht deutlich, wenn sie müde werden und es ihnen nicht mehr gefällt. Dann sollte man die Position ändern (Flieger, Bauchlage über den Schoß o.ä.)

  • #4

    jami (Montag, 21 November 2016 20:20)

    Mein 4 1/2 Monate alter Sohn sitzt ebenfalls gerne bei mir gestützt auf dem Schoß . Er beugt sich dann aber von mir weg und will sich mit den Händen abstützen uns will dann so nach vorne gebeugt sitzen. Ist das auch schädlich? ??

  • #5

    Sara (Dienstag, 29 November 2016 22:03)

    Hallo,
    meine Maus ist jetzt 11,5 Monate. Ich war vor drei Wochen zur U6 und der Kinderarzt sagte, dass sie bereits sitzen könnte, sie möchte es nur nicht, weil ja eben auch alles im Liegen ginge. Er sagte wir können Sie zum Essen ruhig in den Hochstuhl setzen, ihr Körper sei bereit dafür. Nun kann sich meine Tochter seit einer Woche hin setzen, wenn sie sich rückwärts in den sitz rutscht. Jedoch nicht aus der Bauchlage heraus. Meinen Sie das ist alles in Ordnung so? Oder sollten wir sie lieber weiterhin auf dem schoss füttern?

  • #6

    Verena (Mittwoch, 14 Juni 2017 07:34)

    Hallo!

    Du schreibst, dass die Babys zwischen 7 und 9 Monaten von alleine sitzen können. Was heißt das für den Sportsitz am Kinderwagen? Es heißt immer, man soll wechseln, wenn die Kinder sitzen können, was mit 6 Monaten angegeben wird. Soll man also noch einige Monate länger die Babywanne verwenden?

  • #7

    Verena V. (Mittwoch, 14 Juni 2017 11:01)

    Mein Sohn hatte Physio ab 3 Monaten, weil er den Kopf etwas schräg hielt. Jetzt ist alles wieder gerade. Er ist nun 5 1/2 Monate. Als ich die Beschreibung zum freien sitzen las, dachte ich mir wau schreibt sie über meinen Sohn? Er macht das genau zu 100% so � - ganz alleine. � ... Ich hatte ihm in der Zeit wo er noch nicht so gut vorwärts konnte, das Spielzeug nicht immer sofort gebracht sondern ihn mit worten motiviert es sich selbst zu holen, sofern es in Reichweite war. Manchmal dachte ich mir: Ist das wirklich richtig? Er war schon viel am quengeln, weil er es nicht sofort hatte. Jetzt bin ich froh, darum zu lesen, dass es richtig war, nicht sofort zu springen. Ahja mein Sohn sitz seit einer Woche - urplötzlich hat er sich aufgesetzt. Und er holt sich auch sein Spielzeug was er gerade möchte. Ich bin meiner Physiotherapeutin für ihre Tipps, Unterstützung und Ratschläge sehr dankbar und kann es jedem empfehlen was hier beschrieben wird �

  • #8

    Ramona H. (Samstag, 17 Juni 2017 21:19)

    Eine Bekannte hat mir mal geraten, meine Tochter ans Sofa gelehnt vor den TV zu "setzen", wenn sie nicht aufhören will zu schreien. Mein Kind war zu dem Zeitpunkt 3 Monate alt! Also habe das natürlich NICHT gemacht. Sie hat es aber anscheindend bei ihren Kindern so gehandhabt.
    Ich kann nicht nachvollziehen, warum manche Eltern so handeln. Oft sehe ich Kinder mit Obeinen oder höre von anderen Bekannten, dass deren Kinder Wirbelsäulenprobleme haben durch z.b. Gehfreis.
    Diese Kinder tun mir so leid!
    Ich habe nicht in die natürliche Entwicklung eingegriffen und meine Tochter konnte mit 8,5 Monaten krabbeln und mit 9 Monaten saß sie das erste Mal. Zwar noch etwas unsicher und breitbeinig mit Hände an den Seiten abstützen, aber sie hat es allein geschafft. Sie läuft mittlerweile
    wie ein Wirbelwind umher und es geht ihr super!

  • #9

    Jane (Samstag, 14 April 2018 10:27)

    Also sie nicht in den Hochstuhl zu setzten finde ich albern...Soll man die dann immer im Liegen füttern wenn man nicht mehr stillt? Finde ich dämlich. Der Rest ist ja verständlich.

  • #10

    Helena (Samstag, 14 April 2018 15:16)

    Gilt es auch für die Tragetücher bzw. Babytragen?

  • #11

    Elisabeth (Mittwoch, 25 April 2018 16:28)

    Danke für den Artikel.

    Grundsätzlich gehe ich d‘accord. Mir fehlen aber ein paar Hinweise, was man macht, wenn das Baby früher beikost-reif ist - im Liegen sollen sie ja nicht essen. Ob auf dem Schoß in Ordnung ist. Wie ist das mit anderen aufrechten Positionen, zB im Tragetuch?
    Der Artikel wirft irgendwie mehr fragen auf, als er beantwortet...

  • #12

    Anne (Mittwoch, 25 April 2018 17:41)

    Liebe Simone, als Kollegin danke ich dir für diesen tollen Bericht. Mir geht's da ähnlich wie dir. Man könnte sich den Mund fusselig reden über das Thema. Jetzt bin ich selber Mutter von einer 12 Wochen alten Tochter und sehe im Rückbildungskurs genau das. Sag ich was dazu oder soll ich es lassen? Ich bin ja dort als Teilnehmer und nicht Kursleiter.
    Lg Anne

  • #13

    Laura (Mittwoch, 25 April 2018 20:15)

    Vielen Dank für den Artikel. Was kann man denn tun wenn man anscheinend genau das falsch gemacht hat? Wie können wir die Schritte üben und „nachholen“? Das Kind auf dem Rücken liegen lassen und jeden Tag üben und motivieren sich zu drehen, zu krabbeln und in den Sitz zu schieben? Danke

  • #14

    Katharina (Sonntag, 17 Februar 2019 17:10)

    Hallo!
    Besonders an dem Punkt, als es um den Ehrgeiz der Eltern ging, musste ich schmunzeln, da ich dies aus meiner eigenen Berufserfahrung kenne — ich bin nämlich Lehrerin. Grundsätzlich stimme ich dem Grundtenor dieses Artikels zu; finde auch, Kinder sollten eine gewisse Frustrationstoleranz aufbauen, neurologische Verknüpfungen, also Synapsen, sollten sich bilden und überhaupt lernen Kinder alles früh genug in ihrem Rhythmus. Wenn... ja, wenn ich nicht mit einem Kind (sagen wir es euphemistisch) gesegnet worden wäre, das von Beginn an einfach nicht liegen wollte. Er hat sehr sehr früh (ich rede von Wochen) begonnen, sich z. B. an unseren Händen in den aufrechten Stand zu ziehen. Zudem hat er sich absolut immer in Rage geschriehen, sobald wir es auf die Krabbeldecke gelegt haben. Dann haben wir ihn natürlich hochgenommen, obwohl wir uns vorgenommen hatten, ihn mal ein bisschen quengeln zu lassen. Auch der Kinderwagen ging die ersten Lebensmonate gar nicht, sondern es musste das Tragetuch sein. Liegen ging immer nur im Bett, wenn wir danebenlagen. Er hat wohl einfach Sicherheit in Form von körperlicher Nähe gebraucht.
    Mit seinen inzwischen 7,5 Monate kann er sich noch nicht in die aufrechte Sitzposition bringen, aber wir setzen ihn trotzdem hin, damit wir ihn nicht rund um die Uhr körpernah halten müssen. Beruhigend finde ich, dass er trotzdem eine normale Körperentwicklung hinlegt und seinen Artgenossen sogar voraus ist. Jedenfalls suggerieren Muttis meines Umfeldes und sogar Kinderärzte mir das. Er robbt sich inzwischen durch die ganze Wohnung, wobei er die Beinchen schon so gut unter den Körper zieht, dass das Krabbeln nicht mehr weit ist.

    Ihn hinzusetzen, ist also weder aus Dummheit, Unwissenheit, Faulheit, Ehrgeiz oder Ähnlichem entstanden, sondern einfach aus elterlicher Liebe und vielleicht ein bisschen Verzweiflung. Ich schreibe hier also kein flammendes Plädoyer fürs Hinsetzen, sondern möchte vielmehr darauf hinweisen, das sich ein Blick aufs individuelle Würmchen durchaus lohnt.

    Liebe Grüße

    PS: Lernen vollzieht sich übrigens nicht nur durch den Aufbau der Synapsen, sondern gerade auch durch den Wegfall von Synapsen, z. B. geschieht der Aufbau von Interesse so. Außerdem sehe ich es kritisch, verallgemeinernd von Synapsen zu schreiben, da man zwischen hemmenden und erregenden unterscheidet etc.

  • #15

    Katharina (Montag, 11 März 2019 14:02)

    Ich noch mal... da hat sich doch tatsächlich ein Grammatikfehler eingeschlichen, als ich mich beim letzten Mal in Rage geschrieben habe. Ich möchte natürlich darauf hinweisen, dass (!) sich ein individualisierter Blick lohnt.

    Übrigens hat sich mein inzwischen acht Monate alter Sohnemann soeben mehrfach hintereinander hingesetzt, sodass ein Zufall ausgeschlossen ist. Sollte also noch jemand den Artikel lesen: BITTE NICHT BANGE MACHEN LASSEN, dem mütterlichen Bauchgefühl folgen und einfach nicht so verkopft an die Sache! :) Ihr macht das schon!

  • #16

    Becky (Freitag, 24 April 2020 00:09)

    Meine Eltern haben den Fehler gemacht, mich zu früh hinzusetzen, also bevor ich mich selbst in diese Position hätte bringen und daraus befreien können. Ich bin überzeugt davon, dass sie keinerlei böse Absicht hatten, aber vermute auch stark, dass diese Dinge Folgen davon waren:

    Ich habe erst mit 20 Monaten laufen gelernt, war im Kindergarten stark motorisch entwicklungsverzögert und hatte ein sehr geringes Selbstwertgefühl. Hab mir lt Entwicklungsbericht so gut wie gar nix zugetraut und eine extreme Verweigerungshaltung angenommen.
    Turnen hab ich in der Schulzeit immer gehasst, weil ich nix geschafft habe außer nem Purzelbaum. Und die anderen Kinder konnten mühelos Handstand & Ratschlag... Auch das hat natürlich mein Selbstwertgefühl geprägt.
    In der frühen Pubertät musste ich aufgrund von Fehlhaltung / bereits eingetretenen Haltungsschäden zur Krankengymnastik.

    Jetzt, mit Mitte 20, beeinträchtigt mich das auf dem motorischen Level nicht mehr so sehr. Keiner zwingt mich mehr zum (für mich) furchtbaren Boden- oder Geräteturnen, ich finde Gefallen an anderen Bewegungsarten wie Fahrrad fahren oder Ballsport.
    Aber die seelischen Schäden sind irreversibel. Der Mangel an Selbstwirksamkeitserfahrung und damit verbundenem positiven Selbstwertgefühl ist nicht zu unterschätzen.

    Wie schon geschrieben, ich weiß, dass meine Eltern das nicht aus böser Absicht getan haben. Ich kann nur an alle jungen Eltern appellieren: gebt euren Kindern die Möglichkeit, diese Selbstwirksamkeitserfahrung zu machen. Auch wenn es nicht auf Anhieb zum gewünschten Zeitpunkt klappt. Habt Geduld mit euren Kindern. Sie brauchen das, um sich "gesund" entwickeln zu können.